Verschwiegenheitspflicht des Notars über Inhalt eines Testaments

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Notare sind verpflichtet, über alles, was ihnen bei Ausübung Ihres Amtes bekannt wird, Verschwiegenheit zu bewahren, wenn sie nicht von den Beteiligten von der Verschwiegenheitspflicht befreit worden sind, § 18 (1), (2) BNotO. Ist ein Beteiligter verstorben, so kann an seiner Stelle die Aufsichtsbehörde die Befreiung erteilen, § 18 (2) Hs. 2 BNotO.

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Urteil vom 20.7.2020, Az. Not(Brfg) 1/19, in einem Fall darüber zu entscheiden, ob die Aufsichtsbehörde, hier die Westfälische Notarkammer, die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht zu Recht abgelehnt hatte.

Der Kläger war der durch gemeinschaftliches Testament des Erblassers, seines Vaters, enterbte Sohn aus erster Ehe. Er nahm an, dass das eröffnete Originaltestament möglicherweise manipuliert worden war, und wollte dies durch Vergleich des Originaltestaments mit der beim beurkundenden Notar verbliebenen Abschrift überprüfen.

Das lehnte der beurkundende Notar und dann auch die Notarkammer ab, letztere mit der Begründung, es sei nicht erkennbar, dass es im mutmaßlichen Willen des Erblassers gelegen haben könnte, „rein spekulativen Manipulationsvermutungen durch Nachprüfung der beim Notar verbliebenen Ablichtung nachzugehen“. Das Oberlandesgericht Köln wies die Klage gegen den Ablehnungsbescheid der Notarkammer ab.

Die Berufung zum BGH hatte weitgehend Erfolg. Die Aufsichtsbehörde müsse nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob der verstorbene Beteiligte, wenn er noch lebte, bei verständiger Würdigung der Sachlage die Befreiung erteilen würde oder ob unabhängig davon durch den Todesfall das Interesse an einer weiteren Geheimhaltung entfallen ist.

Hier sei das Interesse an einer weiteren Geheimhaltung entfallen. Das Interesse des Erblassers an der Geheimhaltung gegenüber dem Kläger sei insoweit entfallen, als der letzte Wille den Kläger betreffe. Das Gleiche gelte für das auf die letztwillige Verfügung ihres Ehemanns bezogene Geheimhaltungsinteresse der vorverstorbenen zweiten Ehefrau.

Entgegen der Ansicht des OLG komme es nicht darauf an, ob der verstorbene Beteiligte die Befreiung erteilen würde. Letzteres sei eine alternative, nicht kumulative Voraussetzung für die Erteilung der Befreiung.

Damit sei das Ermessen der Aufsichtsbehörde bei ihrer Entscheidung über die Befreiung des Notars von der Verschwiegenheitspflicht auf Null reduziert. Sie sei deshalb verpflichtet, den Notar von der Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Inhalts der den Kläger betreffenden letztwilligen Verfügung des Erblassers, wie er sich aus der beim Notar befindlichen Abschrift des notariellen Testaments ergibt, zu befreien.

Im Rahmen des § 18 (2) Hs. 2 BnotO sei aber nicht darüber zu entscheiden, ob überhaupt und wie der von seiner Verschwiegenheitspflicht entbundene Notar dem Kläger die erstrebte Information zu verschaffen hat.

Sie sind ein durch ein Testament enterbter gesetzlicher Erbe und haben Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments oder möchten jedenfalls Ihre Rechte am Nachlass geltend machen? Sprechen Sie uns an, wir beraten und vertreten Sie gerne.

Ihr Rechtsanwalt für Erbrecht in Hamburg.

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