Irreführende Werbung und wie man gegen sie vorgeht: gar nicht immer ganz einfach

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Es dürfte allgemein bekannt sein, dass irreführende Werbung, wenn bestimmte weitere Voraussetzungen hinzutreten, als ein Akt unlauteren Wettbewerb gilt, gegen den Mitbewerber aber auch bestimmte Verbände vorgehen können. Man könnte meinen, dass die Regeln, nach denen entschieden wird, ob eine Werbung irreführend ist, eindeutig sind. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 2.6.2022 – Aktenzeichen I ZR 93/21, „7x mehr“ zeigt, dass das nicht der Fall ist und auch ein Oberlandesgericht falsch liegen kann.

Der Irrtum ist aus der Perspektive des „angesprochenen Verkehrs“ zu beurteilen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, ist zunächst zu klären, wer überhaupt von der Werbung angesprochen ist. Denn was einen Laien in die Irre führen kann ist möglicherweise für einen Experten völlig klar. Der Bundesgerichtshof nennt den Kreis der Adressaten einer Werbeaussage den „angesprochenen Verkehr“.

In den meisten Fällen sind die Verbraucher der angesprochene Verkehr. Es ist dann zu ermitteln, wie der angesprochene Verkehr die Werbung versteht. Hierfür hat sich der Begriff „Verkehrsverständnis“ eingebürgert. Ist der angesprochene Verkehr ein Verbraucher, so kommt es auf das Verkehrsverständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an.

Ob eine Werbung irreführend ist, ist durch Würdigung des Gesamteindrucks der Werbung zu beurteilen.

Kennt man den angesprochenen Verkehr und sein Verkehrsverständnis, kann beurteilt werden, ob der Verkehr durch eine Werbung in die Irre geführt wird. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist hierfür der Gesamteindruck der Werbung zu würdigen und nicht lediglich einzelne Elemente.

Und hier war dem Oberlandesgericht (OLG) München ein Fehler unterlaufen. Das lag allerdings offenbar an der Fassung des Klagantrags (In jeder Klage stellt der Kläger einen Klagantrag und das Gericht kann zur zuerkennen, was auch beantragt worden ist. Deshalb ist die Fassung der Klaganträge so wichtig.). Dort war der Wortlaut der Werbung wiedergegeben und ergänzt worden: „sofern dies geschieht wie [in der Anlage] wiedergegeben. Eine solche Antragsfassung ist allerdings keineswegs selten, sondern gängige Praxis.

Das OLG hatte für die Beurteilung der Irreführung nur auf den im Antrag genannten Wortlaut abgestellt und die Anzeige in der Anlage unberücksichtigt gelassen. Das war nicht richtig und konnte zu einer anderen Beurteilung der Irreführung führen.

Werden mehrere Werbeaussagen beanstandet, können sie im Klageantrag mit „und/oder“ in Bezug gesetzt werden.

Doch das OLG München hatte noch einen zweiten Fehler gemacht. Der Kläger hatte mit einem Klageantrag zwei Werbeaussagen angegriffen und diese mit „und/oder“ verknüpft. Aufgrund der Zusammenfassung von zwei Angriffen in einem Antrag war das OLG der Meinung, der Antrag müsse bereits dann abgewiesen werden, wenn nur eine und nicht alle beide Werbeaussagen irreführend sei.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Außerdem hat er das OLG darauf hingewiesen, dass gerade die Verknüpfung durch „und/oder“ bewirke, dass jede Werbung für sich darauf zu überprüfen sei, ob sie irreführend ist. Ist nur eine der beiden Werbungen irreführend, kommt keine vollständige, sondern nur eine Teilabweisung in Betracht.

Sie werden auf Unterlassung einer vermeintlich irreführenden Werbung in Anspruch genommen, oder Sie wollen gegen einen Mitbewerber vorgehen, der Ihrer Ansicht nach irreführend wirbt? Sprechen Sie uns an, wir vertreten Sie gerne.

Ihr Rechtsanwalt für Wettbewerbsrecht in Hamburg.

Achtung: Dieser Beitrag enthält nur allgemeine Hinweise und ersetzt keinesfalls eine Beratung im Einzelfall. Dieser Beitrag gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erstellung wieder, spätere Änderungen der Rechtslage sind nicht berücksichtigt. Sprechen Sie uns an!

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