Mündliche Vereinbarung einer Gerichtsstandsklausel

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Welches Gericht ist zuständig, über einen Rechtsstreit zu entscheiden? Diese Frage ist wichtig, weil mit der Zuständigkeit eines Gerichts an einem fernen Ort, möglicherweise im Ausland, hohe Kosten verbunden sind, aber auch eine große Unsicherheit darüber, wie das Gericht entscheiden wird.

Grundsätzlich ist die Zuständigkeit der Gerichte gesetzlich festgeschrieben. Im kaufmännischen Bereich können die Parteien eines Vertrags aber auch mit Hilfe einer Gerichtsstandsvereinbarung festlegen, welches Gericht zuständig sein soll. Sind die Parteien in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union niedergelassen, richtet sich die Wirksamkeit einer solchen Gerichtsstandsvereinbarung nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, der sogenannten Brüssel-Ia-Verordnung.

Gemäß Artikel 25 (1) Brüssel-Ia-Verordnung ist die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung an bestimmte formale Voraussetzungen geknüpft. Die Gerichtsstandsvereinbarung muss danach geschlossen werden a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung, b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.

Kann danach eine Gerichtsstandsvereinbarung auch durch die mündliche Annahme eines per E-Mail übersandten Angebots, das auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Bezug nimmt, die eine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten, wirksam geschlossen werden? Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 26.4.2018 (Aktenzeichen VII ZR 139/17) grundsätzlich bejaht.

In der Sache hatte der sich auf die Gerichtsstandsklausel berufende Kläger sich vertraglich zur Demontage einer Anlage in Deutschland, zum Transport dieser Anlage nach Österreich und zur dortigen Remontage verpflichtet. Ein Teil seiner Vergütung war noch offen; diesen wollte er nun vor dem in der Klausel genannten, deutschen Gericht einklagen. Das erstinstanzliche Gericht hatte seine Zuständigkeit bejaht, das Berufungsgericht die Zuständigkeit verneint. Auf die Revision des Klägers hin verwies der BGH die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Der Kläger hatte behauptet, es gebe in dem betreffenden Geschäftszweig einen Handelsbrauch, wonach Gerichtsstandsklauseln mündlich angenommen werden. Diese Behauptung hatte er durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und einer Auskunft der Industrie- und Handelskammer unter Beweis gestellt. Das genügte nach Auffassung des BGH, um eine Pflicht des Gerichts zu begründen, zu prüfen, ob ein entsprechender Handelsbrauch besteht.

Aber Achtung: der BGH hat nicht entschieden, ob ein solcher Handelsbrauch im betreffenden Geschäftszweig tatsächlich besteht. Diese Tatsachenfrage ist noch vom Berufungsgericht zu klären.

Sie sind im Rechtsstreit mit einem ausländischen Vertragspartner und wissen nicht, ob das in einer Gerichtsstandsklausel genannte Gericht für eine Klage zuständig ist? Sprechen Sie uns an, wir prüfen gerne Ihren Vertrag und vertreten Sie in dem anschließenden Gerichtsverfahren.

Achtung: Dieser Beitrag enthält nur allgemeine Hinweise und ersetzt keinesfalls eine Beratung im Einzelfall. Dieser Beitrag gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erstellung wieder, spätere Änderungen der Rechtslage sind nicht berücksichtigt. Sprechen Sie uns an!

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