Schutz vor Umgehung des Pflichtteilsrechts durch neue französische Regelung

Villefranche-sur-mer on the French Riviera in summer

Ein Gesetz zur Stärkung der Grundsätze der Republik vom 24. August 2021 (Loi n° 2021-1109 du 24 août 2021 confortant le respect des principes de la République) hat mit Wirkung ab dem 1. November 2021 eine bemerkenswerte Regelung in das französische Pflichtteilsrecht eingeführt. Die Regelung bezweckt, eine Umgehung des Pflichtteilsrecht zu unterbinden.

Das neue Recht zur Entnahme (prélèvement compensatoire) begründet einen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn das auf den Nachlass anwendbare Erbrecht keinen Pflichtteil gewährt

Artikel 24 des Gesetzes hat Artikel 913 des Code civil einen dritten Absatz angefügt, der bestimmt, dass immer dann, wenn die Kinder nach dem auf den Erbfall anwendbaren Recht keinen Pflichtteilsanspruch haben, die Kinder des Erblassers, ihre Erben oder Rechtsnachfolgern ein Recht zur Entnahme (droit de prélèvement compensatoire) an den in Frankreich befindlichen Nachlassgegenständen in Höhe des französischen Pflichtteils haben.

Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist merkwürdig. Sie greift ein, wenn auf einen Nachlass gerade nicht französisches Recht anwendbar ist, sondern das Recht eines Staates, der keinen Pflichtteil vorsieht. Das gilt zum Beispiel für das englische Recht. Englisches Recht ist auf einen Erbfall anwendbar, wenn der Erblasser in England seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder wenn er Engländer war und das englische Recht gewählt hatte.

Ist danach Artikel 913 Absatz 3 des Code civil anwendbar, so kann ein enterbtes Kind des Erblassers den französischen Pflichtteil an den Nachlassgegenständen geltend machen, die sich in Frankreich befinden.

Das neue Recht zur Entnahme (prélèvement compensatoire) kommt auch Erben zugute, die nicht in Frankreich leben, wenn Vermögen in Frankreich vorhanden ist

Kann ein Deutscher oder anderer EU-Bürger den französischen Pflichtteil geltend machen, wenn er enterbt ist und nach dem anwendbaren Erbrecht keinen Pflichtteil hat? Nach dem Wortlaut der neuen Regelung lautet die Antwort ganz klar ja, vorausgesetzt es gibt Nachlassgegenstände in Frankreich. Denn der neue Absatz 3 von Artikel 913 des Code civil stellt klar, dass die Vorschrift immer dann anwendbar ist, wenn der Erblasser oder mindestens eines seiner Kinder Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaats ist oder dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Ist der neue Artikel 913 des Code civil überhaupt wirksam?

Das ist ungewiss, denn Artikel 913 des Code civil beansprucht die Regelung von Fällen, die gerade nicht nach dem französischen Recht zu beurteilen sind. Eine solche Regelung nennen Juristen eine Eingriffsnorm.

Ob eine solche Eingriffsnorm hier nach dem Recht der EU überhaupt geschaffen werden darf, ist höchst zweifelhaft. Darüber wird aber der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu entscheiden haben. Solange er nicht entschieden hat (und auch das französische Verfassungsgericht die Regelung nicht für unwirksam erklärt hat), wird Artikel 913 Absatz 3 des Code civil aber angewendet werden.

Sie sind das Kind eines Erblassers, der Sie nach dem anwendbaren Recht wirksam enterbt hat und möchten an Nachlassgegenständen in Frankreich ihren Pflichtteil geltend machen? Sprechen Sie uns an, wir unterstützen Sie gerne.

Ihr Rechtsanwalt für Erbrecht in Hamburg.

Achtung: Dieser Beitrag enthält nur allgemeine Hinweise und ersetzt keinesfalls eine Beratung im Einzelfall. Dieser Beitrag gibt die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erstellung wieder, spätere Änderungen der Rechtslage sind nicht berücksichtigt. Sprechen Sie uns an!

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